Die Erklärung «Nostra aetate» 2. vatikanischen Konzils (1965) behandelt das Verhätlnis der katholischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen. Kernpunkt ist eine «universale Brüderlichkeit». Nun wird die Erklärung 60 Jahre alt. Für Dekan Franco Luzzatto ist sie aktueller denn je.
Franco Luzzatto, was ist «Nostra aetate» überhaupt – und was steckt dahinter?
Stellen Sie sich vor, die katholische Kirche schreibt erstmals schwarz auf weiss: «Auch andere Religionen sind wertvoll!». 1965 war das revolutionär. «Nostra aetate» ist das Manifest, mit dem die Kirche offiziell Respekt und Dialog mit Juden, Moslems, Hindus und Buddhisten festschreibt. Das Judentum wird als spirituelle «Wurzel» unseres christlichen Glaubens anerkannt und der exklusive Wahrheitsanspruch schmilzt ab – weg von «Nur wir sind richtig», hin zu «Lasst uns begegnen, reden, voneinander lernen».

60 Jahre – warum bleibt das heute so brennend aktuell?
«Nostra aetate» ist aktueller denn je. Zürich, Europa und die ganze Welt sind heute multireligiöse Hotspots – Menschen mit verschiedenen Überzeugungen leben Tür an Tür. Gerade in Zeiten von Populismus und Fundamentalismus braucht es eine klare Ansage: Respekt, gegenseitige Wertschätzung, Null Toleranz für Rassismus und Antisemitismus. Das ist kein alter Hut, sondern unsere beste Challenge gegen Ausgrenzung und Angst vor Fremdem.
Welche Relevanz hat das eigentlich für die römisch-katholische Kirche heute – und konkret für Zürich?
Die Kirche lebt nicht in der Vergangenheit, sondern mitten in einer pulsierenden Stadtgesellschaft. «Nostra aetate» ist Leitfaden für ein aktives Miteinander in Zürich – im Dialog, beim Einsatz für Frieden und bei jedem sozialen Projekt. Es verlangt Mut, Bewusstsein für Vielfalt und ein Ja zu neuen Wegen. Die Kirche muss auch die unbequemen Fragen unserer Zeit aufnehmen, statt sich hinter Traditionen zu verstecken
Blick nach vorne: Braucht es ein neues Grundsatzpapier – einen «Reset» für die Kirche, auch ganz persönlich?
Absolut! Die Welt 2025 tickt anders als 1965. Social Media, Migration, Identitätsfragen – wir brauchen einen neuen «Spirit», der globale Herausforderungen offensiv angeht. Eine «Nostra aetate 2.0»: mutig, offen, digital, urban und mit Fokus auf soziale Gerechtigkeit. Keine Wohlfühl-Floskeln, sondern eine Botschaft, die wirklich Antworten gibt. Denn Glauben heisst: Kreativ, zugewandt und zukunftsorientiert zu sein – persönlich und als Gemeinschaft. Zürich kann dabei Modellstadt für eine Kirche werden, die Vielfalt als Schatz begreift und Hoffnung mit einem klaren «Ja» zur Zukunft verbindet.
Veranstaltungen zum 60. Jahrestag
Mehrere Veranstaltungen widmen sich der Bedeutung des Schreibens:
1. Eine Diskussionsrunde am 26. Oktober in der Paulus Akademie
2. Ein Vortrag am jüdischen Institut an der Universität Luzern
3. Podim