Wegen Corona wird der berühmt-berüchtigte Pfingststau wohl ausbleiben. Aber sonst: Manfred Kulla, Seelsorger und Diakon in Herz Jesu Oerlikon, über die Kraft, die das Fest für uns weiter ins sich trägt.
«Get abstract» ist ein beliebter Ausdruck, um komplexe Sachverhalte zusammenzufassen. Also, Manfred Kulla: Was ist das «Get abstract» zu Pfingsten?
Ganzkurz gesagt: Pfingsten ist das Fest der gelingenden Verständigung. Menschen verschiedener Herkunft und Weltanschauung verstehen sich plötzlich, überwinden Grenzen und sprechen am Ende eine «gemeinsame Sprache». Dort, wo Menschen im Namen Jesu zusammenkommen, werden durch den Geist Gottes Fremde zu Freuden.
Die Apostel waren keine Übermenschen. Und trotzdem wurden Sie sozusagen in den «Aussendienst» für den Glauben geschickt. Was hat dies uns Einzelnen zu tun?
Wir stehen am gleichen Punkt wie die Apostel. Wo wir daran glauben, dass Gottes Geist uns keine Ruhe lässt, um uns mit unseren Mitmenschen zusammenzubringen, da werden wir nicht mehr aneinander vorbeireden. Wir werden einander zuhören und das Gute aus der Rede des anderen herausfiltern – und wenn es noch so wenig ist … Dann spielen Unterschiede wie Parteizugehörigkeit, Rasse, Alter, Geschlecht keine Rolle mehr.
Und konkret in der Kirche?
Die neue Kraft öffnet uns die Augen für das Verbindende. Auch das Verbindende zwischen den Konfessionen und können so trennende Gräben überwinden. Dann können wir über den Zölibat, das Papstamt oder die Sexualmoral diskutieren, ohne den oder die andere zu verunglimpfen.
Trotzdem: über seinen Glauben zu sprechen ist heute wenig salonfähig. Könnte daran Pfingsten heute scheitern?
Nein. Pfingsten gelingt auch heute, wenn wir das Pauschalurteil «für den Glauben interessiert sich niemand» ablegen! Denn über den eigenen Glauben zu reden war auch zur Zeit der Jünger und Jüngerinnen nicht einfach. Erinnerung wir uns: Die Jünger und Jüngerinnen sitzen hinter verschlossenen Türen zusammen. Sie haben Angst! Der Geist Gottes schenkt ihnen aber den Mut und die Kraft hinauszugehen und von Jesus, dem Auferstandenen, zu erzählen.
Haben sich die Zeiten nicht geändert? Die Schilderung in der Bibel ist rund 2000 Jahre alt.
Das schon, aber auch heute sehnen sich Menschen danach, in ihrem Leben Zuversicht und Hoffnung zugesprochen zu bekommen. Wo wir mutig davon erzählen, wie uns unser Glaube im Alltag gestärkt hat, geschieht Pfingsten. Denn durch uns wirkt der Geist der Verständigung und der Zuversicht und ein Funke der «Begeisterung» springt auf den anderen oder die andere über.
Wenn Jesus in der heutigen Zeit unser Lebenscoach wäre, was würde er uns zu Pfingsten mit auf den Weg geben?
Lass Dich durch den Geist Gottes anstecken und begeistern. Teile Deine Lebensfreude, deine Visionen für ein gelingendes Leben mit anderen und Du wirst sehen: Du bist nicht mehr allein, sondern es entsteht eine Gemeinschaft, die Dich trägt.