29.2.-3.3 «Stilles Zürich»: Ruhe bitte. Bitte …

Das Festival «Stilles Zürich» will eines vermitteln: Wege zur Stille und Platz für Spiritualität. Der Kapuziner Niklaus Kuster macht sich Im Interview Gedanken über Stille in der Stadt und wie man sie beleben kann. «Stilles Zürich» wird von Katholisch Stadt Zürich mitgetragen.

Niklaus Kuster, Stadt und Stille – ist Stress und Unruhe ein rein städtisches Phänomen?
Nein, heute findet die Unruhe überall hin: Selbst Bergwiesen werden mit lauten Fadentrimmern geschnitten und das Gras mit lärmigen Luftbläsern gesammelt. Bereits Schulkinder haben volle Terminkalender. Stundenlanges Gamen sorgt auch im hintersten Tösstal für Suchtverhalten und lautgestellte Telefone bedrängen Zugreisende mit fremden Privatgesprächen. Ruhige und stille Oasen werden rarer.

Taugt denn eine Spiritualität aus der Antike für die unruhige Zeit von 2024?
Spiritualität bedeutet, dem Leben Tiefe und Weite zu geben. Das ist auf vielen Wegen möglich, und Menschen haben in allen Epochen gute Erfahrungen gesammelt. Religionen geben Schätze an Erfahrungen weiter. Anselm Grün fasziniert mit der tiefen Menschenkenntnis antiker Wüstenväter heute moderne Personalchefs. Papst Franziskus macht die Vision einer friedlicheren und gerechteren Welt zu einem drängenden Programm: Die Enzyklika «Laudato si’» zur Schöpfungssorge beruft sich auf Franz von Assisi und könnte aktueller nicht sein. Wir haben also Quellen, die uns inspirieren können – wenn wir sie nutzen.

Aber woher stammt unsere Unruhe? Die Schweiz scheint von aussen für viele wie ein Paradies.
Unruhe hat heute viele Gründe: Tausende pendeln in vollen Zügen zur Arbeit. Der Leistungsdruck steigt. Die Freizeit lockt mit einem Überangebot an Aktivitäten. Einkäufe finden nicht mehr in kleinen Läden statt. Fernsehen und soziale Medien tragen über bessere Information und bequemes Home-Kino hinaus vielfältig zu Reizüberflutungen bei. Das fordert, ja überfordert uns mehr als wir meinen.

Wenn jemand nicht an ihrem Kurs teilnehmen kann – was würden Sie als Einstieg zur Stille empfehlen?
Schon einfache Wege können helfen: Mich am Morgen nicht gleich ins Alltagstreiben zu stürzen, sondern mir zehn Minuten zu gönnen, bei einem Tee oder Kaffee, am Fenster oder in einer stillen Ecke, um in Ruhe auf den Tag zu schauen. Oder am Abend eine Kerze anzuzünden und den Tag in einer stillen Viertelstunde noch einmal durchzugehen – mit oder ohne Dank an den Himmel.

Hand aufs Herz: Halten Sie persönlich denn ein, was sie in Ihrem Workshop am Festival vermitteln?
Das Kloster zum Mitleben in Rapperswil macht es mir einfach, Stadt und Stille innig zu verbinden. Vier meditative Zeiten am Morgen, Mittag, Abend und der Schwelle zur Nacht lassen uns Brüder, unsere Schwester Pfarrerin und mitlebende Gäste mehrmals täglich Sammlung finden. Zu 50% extern tätig, übe ich mich auch unterwegs darin. Als leidenschaftlicher Pilger weiss ich, dass der Himmel der Erde überall nahe sein kann – auch mitten in Städten und in stressigen Situationen.

3.33 Weiler: Die App für Stille in der Stadt Zürich

Am Festival «Stilles Zürich» findet auch eine Veranstaltung mit unserer App 3:33 Weiler statt. Die App führt im Trubel der Stadt in kurzen Sequenzen durch Achtsamkeitsübungen. Die App wurde einem stillen Relaunch unterzogen und steht jetzt wieder im Apple App Store und Google Play zur Verfügung.

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