Die Pfarrei Heilig Geist (Zürich-Höngg) wartet mit einer besonderen Veranstaltung auf: Ein Vortrag über die würdezentrierte Therapie. Diese will schwerstkranken Menschen helfen, einen positiven Lebensrückblick zu gestalten – und diesen für Angehörige und Freunde festzuhalten.
Die Referentin am 20. Februar ist die Buchserin Doris Büchel. Sie ist Autorin mehrerer erfolgreicher Bücher und Anwenderin der würdezentrierten Therapie.
Doris Büchel, sie praktizieren mit schwerstkranken Menschen die «würdezentrierte Therapie» (engl. «Dignity Therapy»). Was muss man sich genau darunter vorstellen?
Die würdezentrierte Therapie wurde in Kanada entwickelt, um Menschen dabei zu helfen, sich mit dem nahenden Versterben auseinanderzusetzen. Bei meinen Besuchen stelle ich eine Reihe von offenen Fragen, die Menschen in der letzten Lebensphase dazu anregen sollen, über ihr Leben zu sprechen, über prägende Ereignisse, Anekdoten, Erinnerungen – Dinge, die für sie von Bedeutung sind. Gleichzeitig bietet die würdezentrierte Therapie auch die Möglichkeit, Wünsche und Hoffnungen für die Menschen zu formulieren, die einem besonders nahestehen.

Also eine Form von Interview?
Ja, das kann man sich so vorstellen. Das Gespräch wird aufgezeichnet, dann von mir schriftlich aufbereitet und bei einem weiteren Besuch dem/der Erzählenden vorgelesen. Das ist jedes Mal ein besonderer Moment – für die Patienten und für mich. Der Mensch, für den ich geschrieben habe, kann sich zurücklehnen und zuhören. Oft höre ich dann: «Das haben Sie schön formuliert.» Ich kann dann sagen: «Das sind Ihre Worte. Das ist Ihre Geschichte, die Sie mir erzählt haben.»
Wie geht es weiter?
Nach diesem Besuch bereite ich die endgültige Fassung vor, drucke sie auf schönes Papier aus und überreiche die Briefe in der gewünschten Anzahl in einem schönen Kuvert. Das Aufschreiben der Gedanken und Erinnerungen von Menschen in deren letzter Lebensphase basiert auf dem starken Wunsch, etwas zu hinterlassen. Diese Methode ist auch deshalb wirksam, weil sie das Bewusstsein schafft, dass das Gesagte für die Zukunft erhalten bleibt.
Wie werden die Menschen auf dieses Angebot aufmerksam?
Die Ärzte und/oder das Pflegepersonal, die Bezugspersonen der Institutionen, mit denen ich zusammenarbeite, sind für diese und andere ergänzende Therapien sensibilisiert. Sie kennen die Einschlusskriterien und stellen den Patientinnen und Patienten die würdezentrierte Therapie vor. Erst wenn grundsätzliches Interesse und Motivation zur Teilnahme bekundet wurde, werde ich aufgeboten.
Sie begegnen vielen Menschen mit verschiedenen Geschichten – was zieht sich wie ein roter Faden durch alle Begegnungen?
So unterschiedlich die Menschen sind, so unterschiedlich sind die Gespräche. Aber am Ende geht es oft um Beziehungen. Häufig wollen die Menschen in der Phase, in der ich sie besuche, noch einmal Danke sagen und ihre Liebe ausdrücken.
In Ihrer Therapie wird das Leben dann betrachtet, wenn es sich dem Ende zuneigt. Verdrängen wir unsere Auseinandersetzungen damit zu lange – sollten wir dies früher pflegen?
Die meisten Menschen möchten ohne Schmerzen und in Frieden sterben. Gegen die Schmerzen kann die Medizin helfen. Aber den inneren Frieden können wir nicht auf Knopfdruck herstellen. Wir müssen selbst etwas dafür tun. Meine Erfahrung ist, dass es hilft, von Zeit zu Zeit Bilanz zu ziehen und sich mit bestimmten Dingen auseinanderzusetzen.
Was würden Sie sagen: was macht ein gelungenes Leben aus?
Das ist eine Frage, die jede und jeder für sich selbst beantworten muss. Ich persönlich hoffe, wenn ich an der Reihe bin, sagen zu können: Dieses Leben war meins. Mit dem Guten, mit dem Schwierigen und mit allem dazwischen. Ich bin in Frieden. Dann habe ich, glaube ich, schon einiges richtig gemacht.
«Neue Sicht auf mein Leben»: Die Infos zum Vortrag
Neugierig? Die Veranstaltung findet am Donnerstag, 20. Februar um 14.30 Uhr in der Pfarrei Heilig Geist (Zürich-Höngg) statt. Die Veranstaltung ist kostenlos und steht allen Interessierten offen.
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