Ab Dienstag läuft das Festival «Zürich liest». Katholisch Stadt Zürich ist als Partnerin und mit gleich acht Veranstaltungen mit dabei. An diesem besonderen Festival hat es auch besonderen Veranstaltungen. Beispielsweise der Bündner Autor Gion Mathias Cavelty. Sein Buch trägt keinen anderen Titel als «Die Bibel» mit dem Untertitel «Eine Offenbarungsschrift». Was steckt dahinter?
Klein und handlich, 180 Seiten, das Design ein gelungener Mix aus Popart und Kitsch. Als Inhalt eine fiebrige Tour d’Horizon durch das alte und neue Testament in Form von Verszeilen. Das Buch liest sich süffig, irritiert aber auch. So wie es Gion Mathias Cavelty, einer der schrägsten Figuren der Schweizer Literaten, eben kann. Weil er als Autor eben auch ein scharfer Satiriker ist.
Gion Mathias Cavelty, Sie sagen: «Meine Bibel» ist die richtige Bibel. Das ist eine steile These.
Warum? Jeder anständige Autor braucht eine Offenbarungsschrift. Alles steht jetzt genauso da, wie es innerhalb von 24 Stunden durch mich aufs Papier geflossen ist, in meinem Schreibzimmer in Schwamendingen. Nicht etwa auf Patmos, das gab es ja schon einmal.
Sie zitieren Gott in ihrem Buch. Er sagt zu Ihnen angeblich: «Ich bin ein Idiot. Entschuldigung für alles.» Nehmen wir an, es war so: Hat Gott ihrer Meinung nach allen Grund, sich zu entschuldigen?
Dass sich Gott in meiner «Bibel» als Idiot outet, war keine wirkliche Überraschung für mich. Ich vermutete schon als kleines Kind, dass mit der Welt, in der wir leben, etwas fundamental nicht stimmt.
Worauf stütze sich Ihre Überlegung?
Als ich meine geliebte Tanzmaus eines morgens tot in ihrem Käfig fand. In der gleichen Woche starb auch noch meine griechische Landschildkröte. Da wusste ich: Wer sich so etwas ausgedacht hat – also, konkret den Tod – hat das Heu mit mir nicht auf der gleichen Bühne. Dazu gesellen sich die unzähligen anderen Gesetze und Regeln, denen man unterworfen ist.
Als praktizierender Freimaurer haben Sie aber sicher auch noch andere Quellen studiert.
Im Laufe der Jahre habe ich mich dann intensiv mit gnostischen Schriften beschäftigt. Und tatsächlich stiess ich im «Apokryphon des Johannes» auf die Figur des Jaldabaoth – der pfuschende Demiurg, also Weltenschöpfer, dessen Name üblicherweise mit «Sohn das Chaos» oder eben «Idiotengott» übersetzt wird. Am 4. April 2024 – an meinem 7 x 7 plus 1. Geburtstag – hat sich Gott dann tatsächlich selbst dazu bekannt. Dafür kann ich nun nichts. Was hätte ich denn machen sollen? Den Text der «Bibel» meinem Verleger nicht schicken?
Nun liegt das Buch vor und lesen daraus auch am «Zürich liest». Glauben Sie, dass sie nun auch eine Jüngerschaft finden werden – wie es sich für den Verfasser einer Offenbarungsschrift gehört?
Ich sage nur: Wer anklopft, dem wird aufgetan!
Und was kommt als nach der Bibel? Eine neue Offenbarung des Koran? Der Bhagavadgita – oder doch aller Globi-Bücher?
Junger Mann, Sie machen sich doch nicht etwa über mich lustig?